Wegen unbezahlter Rechnungen wurde im vergangenem Jahr rund 330.000 Haushalten in Deutschland der Strom abgestellt.

Neben den Sperrungen der Anschlüsse gab es 2016 zudem etwa 6,6 Millionen Sperrandrohungen gegen säumige Zahler. Das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Jahres-Monitoring-Bericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt hervor.

Wann sind Stromsperren zulässig?

Stromsperren sind als letzte Mittel der Versorger bei

  • Zahlungsrückständen von mindestens 100,- €,
  • mehreren Mahnungen und
  • einer Sperrandrohung mit letzter Zahlungsfrist möglich.

Sie bringt für die Betroffenen hohe Zusatzkosten, denn die Stromkunden müssen nicht nur die offene Rechnungen, sondern auch die Sperrung und ggf. den späteren Wiederanschluss bezahlen. Dafür fallen im Durchschnitt jeweils ca. 50,-€ an, wobei einzelne Versorger wesentlich höhere Beträge, teilweise bis zu 200,-€, forderten. Nach den Beobachtungen der Sozialbehörden reagieren viele Betroffene oft zu spät auf die drohende Zahlungsunfähigkeit.

Warum nimmt die Anzahl der Stromsperren zu?

Wesentliche Ursache des Problems sind die stark gestiegenen Strompreise:

Seit dem Jahre 2000 haben sich für Privatkunden vor allem durch die Zusatzkosten der Energiewende von 0,15 € pro KWh auf ca. 0,30 € verdoppelt. Die durchschnittlichen Realeinkommen legten im selben Zeitraum nicht annähernd so stark zu. Der Energiebedarf in den Hartz-IV-Regelsätzen deckt den Strombedarf z.B. eines Einpersonenhaushaltes bei Weitem nicht ab.

Ferner stecken finanzschwache Personen oft in teuren Grundversorgungstarifen bei ihrem jeweiligen Anbieter fest. Bei schlechter Bonität bieten manche Versorger keine günstigeren Tarife an. Mangels finanzieller Möglichkeiten können sich viele Menschen auch keine neuen Geräte leisten und müssen ihre alten Geräte, welche überdurchschnittlich viel Strom verbrauchen, behalten.

Wie kann ich mich vor Zahlungsrückständen und einer Stromsperre schützen?

Bezahlen Sie Ihre Abschläge regelmäßig und pünktlich. Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten für Sie immer Vorrang haben. Generell gilt: Diese Zahlungen müssen vor allen anderen rechnungen beglichen werden.

  • Verbraucher, die Leistungen vom Jobcenter oder Sozialamt beziehen, können ihre Abschläge auch direkt vom Sozialträger an den Energieversorger überweisen lassen. Sie können einen formlosen Antrag direkt bei der entsprechenden Behörde stellen.
  • Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Haushaltsfinanzen.
    Notieren Sie Ihre Einkünfte und Ausgaben jeden Monat z.B. in einem Haushaltsbuch. So haben Sie immer im Blick, wohin das Geld fließt.
  • Halten Sie fest, wie viel Geld Sie im Monat für Miete, Nebenkosten, Strom, Versicherungen etc. benötigen. Den Rest der Einnahmen können Sie für Ihre Lebenshaltung ausgeben oder sogar ansparen.
  • Bei geringerer Rente bzw. gerigerem Einkommen lohnt es sich zu prüfen, ob ein ergänzender Anspruch auf staatliche Hilfen (Wohngeld, Grundsicherung etc.) besteht.

Wie behalte ich meinen Energieverbrauch unter Kontrolle?

Lesen Sie Ihre Zählerstände regelmäßig - mindestens einmal im Quartal - ab und notieren Sie diese z.B. in einer Tabelle. Achten Sie darauf, dass Ihre Abschlagszahlungen zu Ihrem Stromverbrauch passen und weder zu niedrig noch deutlich zu hoch bemessen sind. Lassen Sie diese bei Bedarf von Ihrem Stromversorger entsprechend anpassen.

In etlichen Fällen lassen sich durch einen Tarif- oder Anbieterwechsel erhebliche Beträge sparen. Einen ersten kostenlosen und unverbindlichen Überblick über die verschiedenen Anbieter und ihr persönliches Sparpotential können Sie sich über verschiedene Portale im Internet (z.B. "check24") verschaffen.

Was kann ich machen, wenn die Stromsperre schon bald bevorsteht oder gar der Energieversorger den Strom bereits abgestellt hat?

Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann der Energieversorger die Belieferung eines Kunden mit Strom oder Gas einstellen und damit eine Energiesperre verhängen, wenn

  • er die Sperre vier Wochen vorher androht,
  • den Vollzug der Sperre drei Werktage vorher ankündigt,
  • der Verbraucher einen Rückstand von mindestens 100,- € nicht gezahlt hat,
  • die Sperre verhältnismäßig ist und
  • der Verbraucher dem Energieversorger nicht in Aussicht stellen kann, dass er seinen Zahlungspflichten nachkommen wird.

Bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Stromsperre suchen Sie sich raschestmöglich Hilfe bei einer gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle oder bei einem Rechtsanwalt. Bitte beachten Sie: Eine Stromsperre zu verhindern ist normalerweise einfacher als einen gesperrten Anschluss wieder freizuschalten. Außerdem fallen weitere Kosten an, denn sowohl die Stromsperre selbst als auch "das Entsperren" werden jeweils gesondert in Rechnung gestellt.

Doch auch wenn die Sperre berechtigt ist, müssen Sie aktiv werden und sich rasch um Hilfe bemühen! Nehmen Sie so schnell wie möglich Kontakt zu Ihrem Stromversorger auf und erklären Sie ihm Ihre familiäre und wirtschaftliche Sitation.

Soll ich einen Ratenzahlung vereinbaren?

Eine Ratenzahlung kann durchaus sinnvoll sein. Versuchen Sie mit Ihrem Energieversorger eine Ratenvereinbarung auszuhandeln. Achten Sie unbedingt darauf, dass die vereinbarten Raten aus Ihrem monatlichen Einkommen sicher bezahlt werden können. Denn eine "2. Chance" im Falle einer geplatzten Ratenzahlung werden Sie normalerweise nicht erhalten. Stellen Sie bei jedweder Art von Zahlung unmissverständlich klar, welcher Anteil der Summe auf laufende Abschlagszahlungen entfällt und welcher auf die Altforderung. Hierdurch werden erneute Zahlungsrückstände vermieden.

Zu beachten ist, dass grundsätzlich keine Ratenzahlungen auf offene Abschlagzahlungen gewährt werden, sonder lediglich auf Forderungen aus der Jahresendabrechnung.

Wenn keine Ratenzahlungen möglich sind?

Dann sollten Sie sich an das Jobcenter bzw. Sozialamt wenden. Dort können Sie einen Antrag auf Übernahme der Energieschulden stellen. Sollte der Antrag bewilligt werden, erfogt dies in der Regel auf Darlehensbasis. Dieses Darlehen muss ab dem Folgemonat zurückgezahlt werden, was ggf. durch Aufrechnung mit den monatlichen Leistungen geschieht.

Verhandlungen mit dem Stromversorger und den Sozialleistungsträgern können oftmals schwierig und zeitintensiv werden. Es sind Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen gefragt. Bei Bedarf holen Sie sich Unterstützung bei örtlichen Sozialberatungsstellen oder einer gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle.

Kann ich etwas gegen die meist anfallenden zusätzlichen Kosten machen?

Bei unpünktlicher Zahlung, d.h. eintretenden Zahlungsverzug, kann der Stromversorger den daraus entstandenen Schaden von Ihnen ersetzt verlangen.

Mahnkosten sind bis zu einem Betrag von ca. 2,50 € pro Mahnbrief zulässig und müssen bezahlt werden, allerdings nur bis max. 3 Mahnschreiben. Inkassobüros müssen bezahlt werden, wenn der Stromversorger die offene Forderung durch ein externes Inkassobüro gerichtlich geltend macht, indem diese eine Mahnbescheid beantragt, der schließlich in einem Vollstreckungsbescheid endet. In diesem Fall sind etwa 30,- € für den Aufwand des Inkassobüros zu bezahlen zzgl. anfallender Gerichtskosten.

Macht der Stromversorger die Kosten für eine rechtmäßige Stomsperre geltend, so ist dies zulässig. Er kann die Bezahlung der Sperr- und Entsperrungskosten sogar vor dem Wiederanschluss der Stromversorgung verlangen. Sind die Kosten hierfür höher als jeweils 50,- € empfehlen wir sich die Berechtigungsgrundlage für die Kosten nachweisen zu lassen, damit überprüft werden kann, ob diese überhöht sind. Wenn Sie Zweifel an der Berechtigung von Kosten haben, kann es empfehlenswert sein der teilforderung zu widersprechen und nur den unbestrittenen Rechnungsbetrag zu überweisen.

Da es sich bei dem Thema "Stromsperre" um eine vielschichtige und - wie Sie der obigen datstellung entnehmen können - doch recht komplizierten Angelegenheit handelt, sollten Sie sich nicht scheuen sofort kompetenten Rat durch eine gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle oder einen Rechtsanwalt einzuholen.


G. Schreiber (Jurr. Ass.)

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